Woher kommt eigentlich das "Qualitätsmanagement"? (Teil 1)
Woher kommt eigentlich das "Qualitätsmanagement"? (Teil 1)
Schon wieder ist eine ereignisreiche Woche vergangen, ich glaube wir sind für die erste Woche ganz gut vorangekommen und möchte mich auf diesem Wege von Herzen für Euer Interesse bedanken.
Den heutigen, samstäglichen Blog Eintrag möchte ich für den ersten Teil eines kurzen Abrisses über die Geschichte des Qualitätsmanagements nutzen.
Natürlich könnte man jetzt fragen ob es notwenig ist in solche „Tiefen“ vorzudringen nur um ein gutes Qualitätsmanagementsystem an der urologischen Abteilung einzuführen. Ich befasse mich erst seit sehr kurzer Zeit mit diesen Dingen und mir hat dieser geschichtliche Zugang sehr dabei geholfen das Ganze wirklich zu verstehen. Zudem ist es meiner Meinung nach ein faszinierendes und viel zu selten erzähltes Kapitel unserer Wirtschaftsgeschichte, dass unser heutiges Leben aber doch sehr beeinflusst.
Der Herr auf dem obigen Bild ist William Edward Deming. Er wurde am 14. Oktober 1900 in Sioux City, Iowa geboren, starb am 20. Dezember 1993 in Washington D.C. und war ein absoluter Pionier in Sachen Qualitätsmanagement. Deming studierte in Wyoming, Colorado und Yale technische Mathematik und arbeitete für das US-amerikanische Landwirtschaftsministerium sowie das US-Amt für Bevölkerungsstatistik. Ab 1946 bis zu seinem Tod besetzte er auch eine Professur für Professur für Statistik an der New York University Graduate School of Business Administration, außerdem lehrte er an der Columbia University. Er befasste sich intensiv mit Wirtschaftstheorie und -philosophie und kam - vereinfacht ausgedrückt - zur Ansicht, dass Quantität, also Masse, und Profit nicht die alleinigen Ziele der industriellen Prokuktion von Waren sein dürfen sondern dass - gerade langfristig betrachtet - Qualität eine viel wichtigere Rolle spielen müsste. Seine Erkenntnisse und Bedenken blieben in den USA der Nachkriegszeit jedoch weitgehend unbeachtet. Hier boomte die Wirtschaft und Profit und Massenproduktion (e.g. die Fließbänder bei Ford etc.) waren ungeachtet der Nachhaltigkeit oder der Lebensqualität der Mitarbeiter die wesentlichen Zielen der meisten Unternehmen.
Nach dem zweiten Weltkrieg lag dahingegen aufgrund der ausgedehnten Zerstörungen und anderer Kriegsfolgen in den meisten europäischen Ländern die Wirtschaft völlig darnieder. Hier half aber der Marshall Plan den meisten Ländern relativ schnell wieder „in die Gänge“ zu kommen. In Japan hingegen, das wie Ihr alle wisst gerade in den letzten Kriegsjahren schwerst in Mitleidenschaft gezogen worden war und von jeher sehr arm an Naturschätzen ist, waren nicht nur weitgehend die Produktionsstätten zerstört worden, es fehlte auch am Vertrauen der Bevölkerung in die Politik und die Menschen waren in ihrem Selbstbewusstsein angeschlagen. So ist es nicht verwunderlich, dass dort über die ersten Nachkriegsjahre hinweg kein wirtschaftlicher Aufschwung zustande kam.
Um den Menschen und der Wirtschaft in Japan zu helfen wurde William E. Deming 1950 nach Tokyo berufen. Hier wurden seine Theorien in kürzester Zeit umgesetzt - die Japaner sahen sofort ihre Chance, sich langfristig mit hochqualitativen Produkten gegenüber dem Rest der Welt zu behaupten. 1951 wurde zum ersten Mal der Deming Preis für besonders hohe Qualität in der Produktion verliehen und schon bald wuchs die japanische Wirtschaft, getragen von den Prinzipien von William E. Deming rapide an. Toyota beispielsweise setzt diese Philosophie einer qualitätsvollen Produktion seit den Anfangstagen konsequent um und verdankt ihr sicher einen guten Teil des unglaublichen Unternehmenserfolges.
Am Ende der 70er und Anfang der 80er Jahre stürzte die amerikanische Wirtschaft in eine tiefe Krise. Neben anderen Faktoren war es auch die Tatsache, dass der Markt von japanischen Produkten, die die amerikanischen in ihrer Qualität übertrafen und billiger waren, die große Probleme verursachte. Zu diesem Zeitpunkt und nach Ausstrahlung einer NBC Dokumentation mit dem Titel „If Japan can, why can‘t we...?“ wurden Demings Erkenntnisse auch in den USA immer mehr wahrgenommen.
Erst in den späten 80er Jahren begann sich die Philosophie des Qualitätsmanagements mehr durchzusetzen und auf diesem Boden entstanden zunächst Preise, die für Qualitätsbewusstes Management vergeben wurden und später die bekannten Zertifikate und die dementsprechenden Normenkataloge.
Heutzutage ist Qualitätsmanagement die Grundlage der modernen Unternehmensführung und Qualitätsmanagementsysteme spielen in aller Teilen der Wirtschaft und - wie Ihr wisst - auch zunehmend im Gesundheitswesen - eine wesentliche Rolle.
Ein Unternehmen, das nicht Qualitätsbewusstes Management nachweisen kann, ist heutzutage einfach nicht mehr konkurrenzfähig.
Wenn ich über die Medizin nachdenke, so glaube ich, dass inhaltlich medizinische Qualität von „Natur aus“ unser höchstes Ziel und unser wesentlicher Inhalt ist und immer schon war. Jedoch überlege ich mir auch, dass wohl die Organisationsqualität die Qualität des „Produktes“ (also quasi der „Gesamtleistung“ einer Abteilung) fast genauso wesentlich beeinflusst. Und hier sind wir vielleicht in manchen Bereichen gut mit einem Wirtschaftsbetrieb vergleichbar, oder? Zudem leben wir in einer Zeit, in der wir die Qualität gegenüber wirtschaftlichen Interessen und in einem sehr kompetitiven Umfeld immer mehr verteidigen müssen, zumindest empfinde ich das so. Immer häufiger ist die Rede von Behandlungskosten, von Nachhaltigkeit, davon, dass wir uns unser Sozialsystem nicht mehr lange leisten können etc. etc. .
Vielleicht kann man auch so die Sinnhaftigkeit eines QM Systems noch weiter untermauern - möglicherweise steht uns eine ähnlich Entwicklung wie der Wirtschaft bevor und wir sind in Zukunft auf solche Dinge angewiesen um im Konkurrenzkampf zu bestehen? So könnte man noch lange weiterdiskutieren, vielleicht verlegen wir das aber besser auf einen Kaffee im Schwesternzimmer oder die Kommentarfunktion?
So, jetzt ist aber schon wieder mehr als genug - kurze Artikel zu schreiben ist leider noch wirklich nicht meine Stärke. Allen die hier angekommen sind einen heißen Dank für Ihr Durchhaltevermögen!
Morgen gibt es - traditionellerweise etwas Nachdenkliches für den Sonntag - einige Kernpunkte der Theorien des William E. Deming an dieser Stelle zu lesen.
Wie immer freue ich mich schon auf Eure Kommentare und bedanke mich für die letzten solchen!
Samstag, 21. November 2009